S und G Jahrbuch 2015

76 bl. Bereits im Februar 2015 lehnte die Europäische Zentralbank (EZB) jeden Schuldenschnitt Griechenlands kategorisch ab, weil dieser die gigantische Derivatblase platzen ließe, die auf den griechischen Schulden aufgebaut wurde. Die Derivatblase ist eine riesige Pyramide von Kreditausfallversicherungen (CDS). Das ist auch der Grund, weshalb neuerdings die USA vor einem Grexit warnen. Denn mit den CDS haben die US-Hedgefonds quasi gegen Griechenland auf Pleite „gewettet“. Wenn der IWF Griechenland offiziell für bankrott erklärt, werden diese Kreditausfallversicherungen fällig. Als Folge davon gehen die fünf größten Banken der USA samt der Deutschen Bank „in die Luft“. Diese Derivatblase umfasst nämlich heute etwa das 20fache des weltweiten BIP.** So ist klar, dass dieses System dem Untergang geweiht ist, ganz gleich, ob der Auslöser in Griechenland oder anderswo liegt. [4] Ausgabe 35/15 S&G Hand-Express „Je größer die Verschuldung des Volkes, umso größer ist der Profit der Geldverleiher.“ Vincent C. Vickers (1879 –1939) von 1910 –1919 Gouverneur der Bank von England Derivatblase – Angst der USA vor Grexit* *Austritt Griechenlands aus dem Euroraum **Bruttoinlandsprodukt Europa glaubt nicht mehr an die EU mb. Der britische Europa-Parlamentarier Daniel Hannan, Mitglied der dort regierenden Konservativen, plädiert für eine Loslösung Großbritanniens von der Europäischen Union. Er verlangt nach Reformen, welche die politische Bindung Großbritanniens an Brüssel aufheben. Auf die Frage, wie eine solche Reform denn auszusehen hätte, antwortete Daniel Hannan: „Mein Idealszenario wäre ein ähnlicher Deal, wie ihn die Schweiz mit der EU hat. Eine Art bilateraler Vertrag, der uns den Zugang zum Binnenmarkt sichert, ohne dass wir in die politischen Institutionen eingebunden sind.“ Auf die Nachfrage, wonach eine solche Neuregelung der Beziehungen zur EU England jegliches Mitspracherecht über die im EU-Binnenmarkt geltenden Regeln rauben würde, antwortete Hannan: „Wir haben ja auch nichts zu sagen zu den Marktregeln in Japan oder Südkorea. Wenn britische Unternehmen in diese Länder exportieren wollen, müssen sie sich dennoch an die dortigen Standards halten – und das ist in Ordnung so.“ Es gehe also auch bestens ohne vermeintliches Mitspracherecht. [6] Quellen: [4] www.bueso.de/node/7897 | www.epochtimes.de/Geht-die-USA-beim-Grexit-pleite-a1247789.html [5] Eu-no-Bulletin vom 5.3.2015 | http://eu-no.ch/news/eu-verliert-dramatisch-an-vertrauen_42 [6] Originalartikel, Eu-No-Newsletter, 15.5.2015, S.1 | Zeitung Schweiz am Sonntag, 5.4. 2015| http://eu-no.ch/news/ein-deal-wie-dieschweiz_64 [7] www.youtube.com/watch?v=q1dbXpTCygw Schlusspunkt ● Die Konzepte und Anordnungen der Troika haben in Griechenland offensichtlich nicht zu einer Verbesserung, sondern zu einer rapiden Verschlechterung geführt. Wegen der Ablehnung dieser Konzepte in einer Volksabstimmung ist die griechische Nation unter heftigste Kritik und Verunglimpfung von Politik und Medien geraten. Aber welchem Patienten ist es zu verübeln, wenn er bei der nicht mehr tragbaren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes das Wechseln der Medikamente, der Behandlungsmethode oder des Arztes erwägt, bevor er noch gänzlich sein Leben verliert? Die Redaktion (hm.) Griechenlandkrise – Machtgeplänkel kontra Demokratie Loslösung Großbritanniens von der Europäischen Union? dd./hm. Am 5. Juli 2015 hatte sich die griechische Bevölkerung für ein deutliches Nein zu den Forderungen ausgesprochen, die die internationalen Gläubiger aufgestellt hatten, wohlgemerkt nicht zum Verbleib im Euro. Doch scheint dies weder bei der Troika, noch in Brüssel oder sonst irgendwo in der EU angekommen zu sein. Denn bereits am 9. Juli hat die griechische Regierung trotzdem ein Spar- und Reformpaket nach Brüssel übermitteln müssen, das in vielen Punkten dem entspricht, was die sogenannte „Troika“ – die Europäische Zentralbank (EZB), die EU-Kommission und der Internationale Währungsfond (IWF) – als Voraussetzung für weitere Finanzhilfen forderten. Gemäß der Rede von Gregor Gysi* im Bundestag am 1. Juli 2015 gehe es in der Kernfrage nicht um die Schuldenfrage, sondern einzig darum, wer das Sagen hat – und dass Mitglieder der EU, NATO oder UNO ihre Souveränität gefälligst zu „opfern“ haben. Mit demokratischen Werten habe das ganze Gehabe Brüssels und der Troika gar nichts mehr zu tun. [7] *Fraktionsvorsitzender der Linken rs. Das renommierte italienische Forschungsinstitut «Demos und pi» stellt aufgrund von Umfragen in sechs EULändern dramatische Vertrauenseinbrüche gegenüber der EU fest. In sechs Ländern wurden im Januar jeweils 1.000 repräsentativ ausgewählte Personen zu ihrer Einstellung zur Europäischen Union befragt. Spiegel online berichtete über diese Umfrage, deren Ergebnisse Brüssel einigermaßen schockiert haben dürften: Einzig in Deutschland vermochte sich eine knappe Mehrheit von 53 % der Bevölkerung zu einer positiven Einschätzung zur EU durchzuringen. In Frankreich, Spanien und Polen wurde die von der EU verkörperte Europa-Idee nur gerade noch von 40 % der Befragten positiv beurteilt. In Grossbritannien äußerten sich noch 28 %, in Italien gar nur noch 27 % der Befragten zustimmend zur EU. Die Schlussfolgerung von Spiegel online zu diesen Umfrageresultaten: „Europa glaubt nicht mehr an Europa“. Korrekter wäre doch: „Europa glaubt nicht mehr an die EU“! [5]

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