S und G Jahrbuch 2015

112 ag. Die militärische Mobilmachung an den Ostgrenzen Europas läuft auf vollen Touren. Im Juni trainierte die neue NATO-Speerspitze in Polen den Blitzeinsatz. Laut NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg soll die NATO Response Force* auf 40.000 Mann aufgestockt werden. Die US-Regierung denkt laut über die Verlegung schwerer Waffen, Panzer und Geschütze für bis zu 5.000 USSoldaten ins Baltikum nach. Ein Krieg gegen den „Aggressor Russland“ wird technisch immer realer. Juristisch gibt es jedoch die Hürde der Zustimmung des Bundestages zu jedem Auslandseinsatz. Diese aber ist ungewiss. Nun entwarfen Volker Rühe (CDU) und Walter Kolbow (SPD) eine Neudefinition des „Einsatzbegriffes“. Der Bundestag soll nur noch über „bewaffnete Kampfeinsätze“ entscheiden dürfen. Verschleiert man zum Beispiel einen Einsatz in der Ukraine als „Ausbildungsmission“, wäre in Zukunft kein Mandat des Bundestages mehr nötig. General Breedlove, der USOberkommandant der NATO, will Einheiten wie die „Speerspitze“ künftig für „Übungsund Ausbildungsmissionen“ in Eigenregie kommandieren. Im Klartext heißt dies: Die Entscheidungshoheit des Bundestags über den Einsatz deutscher Truppen wird aufgeweicht, und die Führungsrolle in Sachen Krieg und Frieden geht an die US-geführte NATO. Offensichtlich erscheint den Kriegsstrategen dieses Vorgehen vonnöten, weil ein neuer Krieg gegen Russland trotz endloser Propagandabemühungen auf demokratischemWeg nicht zu legitimieren sein wird. Nicht einmal 40 % der Europäer sehen laut einer repräsentativen Umfrage Russland als Aggressor. [5] Ausgabe 53/15 S&G Hand-Express Schlusspunkt ● Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte einst im Fernsehsender Phönix: „Ich bin bei aller krisenhaften Zuspitzung im Grunde entspannt – weil, wenn die Krise größer wird, werden die Fähigkeiten, Veränderungen durchzusetzen, größer!“[6] Diese Fähigkeiten, Veränderungen durchzusetzen, gelten aber nicht nur für die hohe Politik und globale Drahtzieher, sondern gerade auch für die andere Seite, das Volk. Gerade jetzt kann eine Aufklärung über die eigentlichen Verursacher dieser Krise und über ihr Ziel der Destabilisierung in sämtlichen Lebensbereichen auf offene Türen stoßen. Wenn sich die so Aufgeweckten nicht länger für die Machtinteressen einer kleinen Gruppe von Globalstrategen instrumentalisieren lassen, dann haben wir die aktuelle Krise zu unseren Gunsten genutzt. Als ein praktisches Mittel dient dabei der Hand-Express. Die Redaktion (ham.) Fortsetzung von Seite 1 Krieg ohne Bundestagsmandat möglich Deutsche Eurofighter erstmals voll bewaffnet an russischer Grenze ro. Wegen der Ukrainekrise patrouillierten bereits zwischen September und Dezember 2014 deutsche Kampfflugzeuge vom Typ Eurofighter im Luftraum über dem Baltikum. Seit August 2015 wurden diese Überwachungsflüge wieder aufgenommen – allerdings mit einer entscheidenden Neuerung: Die Eurofighter fliegen nun mit der schwerstmöglichen Kriegsbewaffnung. Dazu zählen neben einer Maschinenkanone und Infrarot-Kurzstreckenraketen auch radargesteuerte Mittelstreckenraketen. Bei den letztgenannten handelt es sich um neue US-Raketen, welche Ziele in bis zu 180 km Entfernung treffen können. Ebenfalls erwähnenswert: In knapp 8 Flugminuten könnten die Jets vom Stützpunkt in Ämari (Estland) in den russischen Luftraum gelangen und in 12 Minuten St. Petersburg erreichen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Sahra Wagenknecht, kritisierte: „Das sind brandgefährliche Kriegsspiele, die die Kriegsgefahr für ganz Europa erhöhen. Wer vollbewaffnete Eurofighter […] nach Osteuropa schickt, hat offensichtlich den Verstand verloren.“ Russland spricht von einer „beispiellosen Erhöhung der Aktivitäten der NATO vor seinen Grenzen“ und hat inzwischen auf die neuen Spannungen reagiert: Mit der Errichtung eines neuen Luftwaffenstützpunktes in Weißrussland für bis zu 24 Kampfjets. [4] Quellen: [3] www.kla.tv/6779 | http://dkp-rheinland-westfalen.de/index.php/frieden/2615-nato-grossmanoever-tridentjuncture | http://de.sputniknews.com/zeitungen/20150915/304316189.html [4] http://de.sputniknews.com/politik/20150920/ 304412650.html | www.ntv.de/politik/Deutsche-Eurofighter-ueberwachen-Baltikum-article15969676.html | http://alles-schallundrauch.blogspot.ch/2015/09/bewaffnete-deutsche-kampfjets-fliegen.html [5] COMPACT-Magazin 8/2015 Artikel: „Panzersprung nach Sagan“ von Marc Dassen, https://www.compact-online.de/panzersprung-nach-sagandem-deutschen-parlament-die-vorbehaltsrechte-entziehen/ [6] www.youtube.com/watch?v=fURGfIQ5Ujg „Die Bundeswehr ist nicht nur die Armee Deutschlands.“ Volker Rühe, Ex-Bundesverteidigunsminister „Dieses Verflechten von Armeen mit dem Blick, eines Tages eben eine europäische Armee auch zu haben, ist meines Erachtens die Zukunft.“ Ursula von der Leyen, Bundesverteidigungsministerin *NATO Response Force = schnelle Eingreiftruppe der NATO für weltweite Kampfeinsätze 160 Flugzeugen, 60 Schiffen und U-Booten sowie Tausenden von Fahrzeugen. Unter Einsatz der vorrangig aus Bundeswehrangehörigen bestehenden „Speerspitze” der NATOEingreiftruppe ist es das größte Manöver des westlichenMilitärbündnisses seit 2002. Generalleutnant Roßmanith erläutert dazu: „Die wichtigste Botschaft (dieses Manövers) lautet: Jeder sollte sich gut überlegen, wie er mit uns umgeht.“ Diese Botschaft ist derzeit unmissverständlich vor allem an Russland gerichtet. Und Russland wiederum ist im Gegenzug nicht untätig: Am 14. September begann das russische Manöver „Zentr-2015“. Eine Woche zuvor wurden übungsweise alle Kräfte des zentralen Wehrbezirks sowie die Luftwaffe, Luftlandetruppen und die Transportfliegerkräfte aus ganz Russland in erhöhte Kampfbereitschaft versetzt. Allein schon an dieser Übung nahmen rund 90.000 Mann sowie mehr als 7.000 Kampffahrzeuge und etwa 170 Flugzeuge teil. Das eigentliche Manöver umfasst 95.000 Soldaten an 20 verschiedenen Einsatzorten. Die westlichen Leitmedien üben angesichts dieser umfänglichen Kriegsvorbereitungen jedoch weitgehendes Stillschweigen. [3]

RkJQdWJsaXNoZXIy MTY5NDM=